Zweites Corona-Steuerhilfegesetz vom 12.06.2020

Aus der Buchstelle - Für weitere individuelle Gestaltungs- und Beratungsfragen sprechen Sie Ihren persönlichen Sachbearbeiter an:

Aufgrund der Coronapandemie sind viele Betriebe unverschuldet in wirtschaftliche Schieflage geraten. Um einer möglichen Insolvenzwelle entgegenzuwirken und neue Impulse für die Wirtschaft zu setzen, hat das Bundeskabinett ein umfangreiches Maßnahmenpaket beschlossen, welches vom Bundesministerium der Finanzen am 12.06.2020 veröffentlicht wurde.

Mit diesem Info-Schreiben möchten wir Ihnen im Folgenden die für Sie wichtigsten Punkte erläutern.

Umsatzsteuer

Änderung Mehrwertsteuersätze 01.07.2020 bis 31.12.2020

Eine überraschende, aber auch zentrale Maßnahme des Pakets ist die befristete Senkung der Mehrwertsteuersätze. Man verspricht sich dadurch die Stärkung des Binnenkonsums.

Im Detail stellt sich die Änderung wie folgt dar:

Für den befristeten Zeitraum vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 werden der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 % auf 16 % und der ermäßigte Steuersatz von 7 % auf 5 % gesenkt.

Bedeutung in der Praxis:

Die reduzierten Mehrwertsteuersätze sind auf alle erbrachten Lieferungen und Leistungen ab dem 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 anzuwenden. Das bedeutet, dass das Liefer- bzw. Leistungsdatum das entscheidende Merkmal ist, welches die Anwendung der reduzierten Mehrwertsteuersätze begründet.

Stellen Sie daher sicher, dass auf Ihren Eingangs- und Ausgangsrechnungen neben den neuen Steuersätzen auch das Liefer- bzw. Leistungsdatum eindeutig zu erkennen ist, um so von vornherein eventuellen Unklarheiten und Streitpunkten mit dem Finanzamt aus dem Weg zu gehen. Dies würde besonders den Vorsteuerabzug betreffen, der bei einer nicht korrekt erstellten Rechnung verwehrt wird. Des Weiteren ist eine in der Ausgangsrechnung zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer auch in voller Höhe an das Finanzamt abzuführen.

Für Landwirte, welche die Pauschalierung der Umsatzsteuer nach § 24 UStG anwenden, bleibt der Durchschnittssteuersatz von 10,7 % weiterhin bestehen. Hier entsteht ein Liquiditätsvorteil, da bei gleichbleibenden Umsätzen Waren und Dienstleistungen nun durch die reduzierten Mehrwertsteuersätze günstiger erworben werden können.

Einkommensteuer

Wiedereinführung der degressiven Abschreibung

Als Anreiz für neue Investitionen hat der Koalitionsausschuss beschlossen, für die Kalenderjahre 2020 und 2021 die degressive Abschreibung für Abnutzung (AfA) wiedereinzuführen.

Diese kann dann für alle beweglichen Wirtschaftsgüter, die zwischen dem 01.01.2020 und dem 31.12.2021 angeschafft werden, angewandt werden.

Die Höhe beträgt das 2,5-fache der linearen Abschreibung und maximal 25 %.

Vorteile:

Während bei der linearen AfA das Wirtschaftsgut über die Laufzeit in gleichbleibenden Beträgen abgeschrieben wird, profitiert man bei der degressiven AfA in den ersten ein bis drei Jahren von höheren AfA-Sätzen, da die maximal 25 % immer vom Restbuchwert des Vorjahres berechnet werden. Somit hat man bereits in den ersten drei Jahren über 50 % des AfA-Volumens für sich nutzen können.

Des Weiteren kann während der Nutzungsdauer von der degressiven zur linearen AfA gewechselt werden, sobald diese günstiger ist. Somit kann sichergestellt werden, dass das volle AfA-Volumen während der Nutzungsdauer ausgeschöpft werden kann, da bei der degressiven AfA üblicherweise ein Restbuchwert stehen bleibt.

 

Fristverlängerung für Investitionsabzugsbetrag und Reinvestitionsrücklagen

Die Möglichkeit zur Bildung von Investitionsabzugsbeträgen bzw. Reinvestitionsrücklagen sind vom Gesetzgeber als Anreiz gedacht, dass der Steuerpflichtige weiter in sein Unternehmen investiert. Die so erlangten steuerlichen Vorteile im Jahr der Bildung sind aber an bestimmte Fristen geknüpft, in denen die entsprechende Investition auch getätigt werden muss.

Sollte die Investition ausbleiben, ist die Bildung des Investitionsabzugsbetrages bzw. der Reinvestitionsrücklage im Jahr der Bildung rückgängig zu machen. Dies führt zu einer Steuernachzahlung, die zusätzlich verzinst wird.

Da es aufgrund der Corona-Pandemie durchaus passieren kann, dass geplante Investitionen zeitlich nach hinten verschoben werden müssen, würde genau dieses Szenario der nachträglichen Versteuerung und Verzinsung eintreten.

Um dem vorzubeugen, hat der Gesetzgeber beschlossen, die Fristen für Investitionsabzugsbeträge und Reinvestitionsrücklagen um 1 Jahr zu verlängern. Dies gilt für alle IAB’s und Rücklagen, die am Wirtschaftsjahresende 30.06.2020 für Landwirte und 31.12.2020 für Gewerbetreibende aufzulösen wären.

 

Weitere Maßnahmen

Einmaliger Kinderbonus von 300,- € für jedes Kind, welches im Kalenderjahr 2020 mindestens für einen Monat kindergeldberechtigt war. Der Bonus wird in zwei Teilen zu je 150,- € in den Monaten September und Oktober 2020 ausgezahlt.

Der Ermäßigungsfaktor bei der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer gem. § 35 EStG wird von 3,8 auf 4,0 angehoben. Das bedeutet, dass bis zu einem Hebesatz von 420 % Gewerbetreibende vollständig von der Gewerbesteuer entlastet werden könnten. Dies ist im Einzelfall zu berechnen.

Der Verlustrücktrag gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG wird für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 von 1 Mio. EUR auf 5 Mio. EUR für Einzelveranlagte und von 2 Mio. EUR auf 10 Mio. EUR für zusammen Veranlagte erhöht. Ab 2022 gelten wieder die alten Werte.

Der Freibetrag für Alleinerziehende wird für die Jahre 2020 und 2021 von derzeit 1.908,- € 4.008,- € angehoben.

Des Weiteren ist über die Höhe der Vorauszahlungen für die Einkommensteuer nachzudenken. Je nach wirtschaftlicher Situation ist eine Herabsetzung möglich und sinnvoll.

Text: Stephan Hobelmann - Steuerfachwirt
Quelle: Bundesministerium für Finanzen